Schulfach Glück – Lernziel Wohlbefinden
Glück als Unterrichtsfach? Dies wirft gleich mehrere Fragen auf:
- Kann man Glück überhaupt unterrichten?
- Haben wir so etwas in Deutschland überhaupt nötig?
- Und wem soll das nutzen?
- Soll ein derart persönliches Thema wie Glück in der Schule überhaupt beachtet werden und Platz in den ohnehin schon übervollen Stundenplänen beanspruchen?
- Geht es uns etwas an, wie glücklich jemand ist?
Das Ziel des „Schulfach Glück“ ist es, Lebenskompetenz, ganzheitliches Wohlbefinden und Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und diese auch im Schulalltag nachhaltig zu realisieren. Schüler:innen und Lehrer:innen werden darin bestärkt, ihren Lebensweg aktiv und selbstverantwortlich zu gestalten, um auch in schwierigen Situationen handlungsfähig und damit langfristig gesund zu bleiben. Das „Schulfach Glück“ trägt somit zu einer der Hauptaufgaben der Schule bei - der Vorbereitung auf ein gelingendes Leben.
Im stressigen Alltag, begleitet von hohem Erwartungs- und Leistungsdruck, geht es im Schulfach Glück zunächst darum, sich auf sich selbst zu besinnen und mit der eigenen emotionalen Seite auseinanderzusetzen. Lebenskompetenz, Lebensfreude und Persönlichkeitsentwicklung sind dabei die Kerninhalte, die das Glückskonzept in den Vordergrund stellt. Schüler:innen und Lehrer:innen werden darin bestärkt, ihren Lebensweg aktiv und selbstverantwortlich zu gestalten, um auch in schwierigen Situationen handlungsfähig und damit langfristig gesund zu bleiben.
Wir können andere dabei unterstützen, ein gelingendes Leben anzustreben - aktiv und selbstverantwortlich. Ziel des Unterrichts und des Coachings ist es, Freude am Leben und an der Leistung zu empfinden, Hindernisse als Herausforderungen zu verstehen sowie die Einheit von Körper, Geist und Seele zu spüren.
Basierend auf den Forschungsergebnissen und den wissenschaftlichen Grundlagen des Fritz-Schubert-Instituts wird für die Schüler:innen handlungsorientiert, lebens- und praxisnah der Zusammenhang zwischen Identität, Authentizität sowie Sinn vermittelt und erfahrbar gemacht. Der Ansatz ist nicht defizit- bzw. symptomorientiert, sondern setzt an den persönlichen Stärken der Schüler:innen an und versucht diese zu mehren.
Theoretische Grundlagen (Auswahl):
- Salutogenetischer Ansatz (Aaron Antonovsky) – Sinnhaftigkeit, Handhabbarkeit, Verstehbarkeit
- Logotherapeutischer Ansatz (Viktor E. Frankl) – der Wille zum Sinn, Möglichkeiten der Sinnfindung
- Ergebnisse der Resilienzforschung – Selbstwirksamkeit, Verantwortung, Orientierung
- Systemisch konstruktivistische Pädagogik – Prinzipien des impliziten Lernens
- Positive Psychologie – Sinnfindung, Flow, PsychoSynergetik
- Konsistenz-Theorie (Klaus Grawe)
- Motivationspsychologie – Mentales Training im Sinne der gedanklichen Bewegungsvorstellung, Selbstgesprächsregulation
In der didaktischen und methodischen Umsetzung des Handlungskonzepts geht es nicht nur um die Steigerung des subjektiven Wohlbefindens, sondern vor allem um ein stabiles Selbstwertgefühl, gestärkte Selbstwirksamkeit und die Verbesserung sozialer und personaler Kompetenzen.
Damit unterstützt das Schulfach Glück:
- die Gesundheit und seelische Balance von Schüler:innen und Lehrer:innen,
- die von der WHO geforderte Steigerung des körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens der Schüler:innen und Lehrer:innen,
- die Schulkultur, insbesondere die Verbesserung der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden,
- die Förderung der Sozial- und Klassengemeinschaft und die Prävention von Mobbing und Ausgrenzung,
- wichtige Lernvoraussetzungen für die Schüler:innen und Lehrer:innen und deren Fähigkeit, sich selbst zu motivieren und zu regulieren.
Das Schulfach Glück fördert bei den Schüler:innen übergreifend folgende Kompetenzen:
- Instrumentelle Kompetenzen
- Systemische Kompetenzen
- Kommunikative Kompetenzen
Didaktisch-Methodische Ziele (Auswahl):
- Verbesserung der Selbst- und Fremdwahrnehmung
- Zusammenspiel von Intuition und Kognition
- Steigerung der Teamfähigkeit und des Einfühlungsvermögens
- Verbesserung des vernetzten Denkens und der Kooperation
- Bewusste Reflexion der Wahrnehmung
- Ausprobieren Erlebnispädagogischer Methoden
- Förderung Design Thinking
Was bringt das ‚Schulfach Glück‘ den Lehrer:innen?
- Reflexion des Professionsverständnisses
- Erhöhung der Gesundheit
- Training in Führungs- und Kommunikationskompetenzen
- Training in Beziehungsbildung mit den Schüler:innen
- Selbstwahrnehmung als Gestalter:in und Führungspersönlichkeit
- höhere berufliche Identifikation und Zufriedenheit
- Stärkung der physischen und psychischen Belastbarkeit und Resilienz
Was bringt das ‚Schulfach Glück‘ den Schüler:innen?
- stabileres Selbstwertgefühl
- verbesserte Selbstwertschätzung
- Kohärenzgefühl /Sinn im Leben sehen
- Konsistenzgefühl /Selbstakzeptanz
- gesteigertes Wohlbefinden
- verbesserte Integration in die Klassengemeinschaft
- Kenntnis der eigenen Stärken, Schwächen und Fähigkeiten
- erhöhte Leistungsbereitschaft, klarere Zielvorstellungen
- verbesserte Selbstregulation und Abkehr von Ersatzbefriedigungen
- Training von langfristigerem Denken und Auswirkungsbewusstsein
Im Schulfach Glück werden 6 grundlegende Module behandelt, die auf dem zyklischen Handlungsphasenmodell einer gelingenden Lebensgestaltung basieren.
- Phase: Stärken
- Überblick und Grundhaltung
- Freude am Leben: Vertrauen, Wertschätzung, Stärken entdecken, Empathie & Impathie
- Ressourcen und Potenziale entdecken, mit Schwächen umgehen und Glaubenssätze hinterfragen
- Phase: Visionen
- Träume und Wünsche als Gestaltungspotenzial verstehen, intrinsisch motivierte Änderungswünsche wahrnehmen
- Motive des eigenen Handelns erkennen, Voraussetzungen für Selbstentfaltung und Gestaltung einer attraktiven Zukunft schaffen
- Phase: Entscheiden
- Ganzheitliche Entscheidungen treffen, eigene Werte ermitteln, Tetraedermodell
- Entwicklungsziele definieren, Affektregulation erkennen, Arbeit mit Repräsentanten
- Phase: Planen
- Gestaltungspotentiale nutzen, Hindernisse als Herausforderungen verstehen, Planungshorizonte abstecken
- Eigene und fremde Ressourcen aktivieren, um Ziele zu realisieren, Herausforderungen begegnen
- Phase: Umsetzen
- Stressprävention, Kommunikation, Konfliktdynamik
- Gesundheit erhalten, Gruppendynamik verstehen und nutzen, mit Erfolg und Scheitern kompetent umgehen
- Phase: Reflektieren
- Reflexion und Bewertung nutzen um Erfahrungen bewusst für die Zukunft als Ressourcen bereit zu stellen
- Reflexionsmethoden verstehen, Balance bewahren und Trauer gut bewältigen, Lust auf die Zukunft generieren
- Ernst Fritz-Schubert (2017). Lernziel Wohlbefinden. Entwicklung des Konzeptes „Schulfach Glück“ zur Operationalisierung und Realisierung gesundheits- und bildungsrelevanter Zielkategorien. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.
- Fritz-Schubert, E. / Saalfrank, W.-T. / Leyhausen, M. (Hg.): „Praxisbuch Schulfach Glück – Grundlagen und Methoden. Weinheim und Basel: Beltz.
- Graf, Ulrike (2015): „Glück Schulfach“ in der LehrerInnen-Bildung? Ergebnisse einer formativen Evaluation. In: Fritz-Schubert, E. / Saalfrank, W.-T. / Leyhausen, M. (Hg.): „Praxisbuch Schulfach Glück – Ein Handbuch zu Grundlagen und Methoden. Weinheim und Basel: Beltz.
- Graf, Ulrike (2014): Hat der Glücksboom auch die Pädagogik erfasst? Anmerkungen zur Bildungsrelevanz eines aktuellen wie umstrittenen Themas. In: Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung. Regionalnetzwerk NordWest: Newsletter 01/2014, S. 16-18.
- Graf, Ulrike (2013): Von der "Werthaftigkeit des Glücks. Überlegungen zu einer salutogenetischen Orientierung in Unterricht und Lehrerbildung. In: Naurath, E. / Blasberg-Kuhnke, M. / Gläser, E. / Mokrosch, R. / Müller-Using, S. (Hg.): Wie sich Werte bilden. Fachübergreifende und fachspezifische Wert-Bildung. Werte-Bildung interdisziplinär 1. Göttingen: V & R unipress, S. 263-284.
- Graf, Ulrike (2013). Was will ich in dieser Welt und für diese Welt? Glück aus pädagogischer Sicht. In: Forschung und Lehre 11/2013, S. 892-893.
Weiterbildung zum Schulfach Glück in MV
Sie wollen des eigenen Glücks Schmied:in werden, Kinder- und Jugendliche unterstützen oder
weitere Impulse für das „Schulfach Glück“ sammeln?
Besuchen Sie die Basisausbildung zum Thema „Schulfach Glück - Lernziel Wohlbefinden“
vom 13.September 2024 bis 15.Dezember 2024 in Rostock, die durch das Fritz-Schubert-Institut
für Persönlichkeitsentwicklung in Kooperation mit dem ZLB veranstaltet wird.“
Weiterbildung zum Schulfach Glück
hier gehts langZertifikatskurses des ZLB
hier gehts lang
Das sagen Lehrkräfte, die bereits an der Weiterbildung teilgenommen haben
„Auseinandersetzung mit mir, Lernen in positiver Umgebung. Optimismus zur Weitergabe an Schüler:innen. Ich würde emotional begeistert.“
„Für mich persönlich: eigene Themen erkennen ,selbstakzeptanz, dinge, die mir im wegstehen mehr umarmen und annehmen. Für unsere Schule: strukturelle und gruppenrelevante Ideen für den Schulentwicklungsprozess“
„Eine erfolgreiche Implementierung in der Schule, damit künftige Generationen zufriedener, ausgeglichener, selbstständiger und glücklicher sind.“
Schulfach Glück und Berufliche Orientierung
Glück. Was ist das überhaupt?
Die meisten Menschen assoziieren mit Glück einen Zufall, also beispielsweise im Lotto zu gewinnen. In diesem Verständnis von ‚Glück haben‘, liegt die Verantwortung für das Glück nicht bei einem selbst. Als Ausbilderin für das Schulfach Glück liegt mein Fokus jedoch auf dem langfristigen, hochgradigen Lebensglück, welches selbstbestimmt ist – also auf dem ‚Glück empfinden‘. Um Glück in diesem Sinne von Lebenszufriedenheit erreichen zu können, ist es notwendig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen: „Was macht mich glücklich?“. Scheinbar trivial, entpuppt sich diese Frage jedoch oft als Herausforderung. Denn sie widmet sich der wahrscheinlich schwersten Aufgabe des Menschen: der Auseinandersetzung mit sich selbst. Oft suchen wir das Glück im Außen durch Konsum, Ablenkung und Reizüberflutung der Medien. Mir liegt es am Herzen, Menschen dabei zu begleiten und zu unterstützen, den Blick nach Innen zu wagen.
Ich persönlich erfahre Glück im Kreise meiner Familie. Kostbare Erinnerungen, Erfahrungen, Erkenntnisse und Gedanken miteinander teilen; füreinander da sein; einander achten und lieben; miteinander lachen; sich streiten und wieder vertragen – das ist für mich Lebensglück. Meine Heimat bedeutet für mich Glück. Als echtes Nordlicht liebe ich es, mit meinen Lieben am Meer zu sein. Auch mein Beruf macht mich glücklich, da ich etwas tun darf, was für mich bedeutsam ist und wo ich Wirksamkeit empfinde. Ich begegne in meiner Arbeit authentisch Menschen, die sich weiterentwickeln wollen und darf diese auf ihrem Weg begleiten, mich mit ihnen austauschen, verschiedene Sichtweisen verstehen lernen.
Oft werde ich nach einem Grundrezept gefragt, um glücklich zu sein. Doch die Zutaten für ein zufriedenes, gelingendes Leben sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und können nur individuell ergründet werden. Es gibt also keine allgemeingültige Formel, die uns sagt „Tue dies und du wirst glücklich.“ – weder im Leben allgemein noch in der Beruflichen Orientierung. Was uns aber vielleicht in einer Art Glücksformel eint, ist die Wertschätzung – anderen und uns selbst gegenüber.
Im Schulfach Glück geht es darum, jungen Menschen einen individuellen Kompass für ein gelingendes Leben zu geben. Räume zu schaffen, um sich auf sich selbst zu besinnen und mit der eigenen emotionalen, kognitiven und intuitiven Seite auseinanderzusetzen – also in Resonanz mit sich zu gehen und neben Empathie vor allem die Impathie zu fördern. Ziel des Schulfach Glück ist es, Zufriedenheit und Lebenskompetenz zu entwickeln. Die Vergangenheit zu akzeptieren, das Jetzt handhabbar zu gestalten und auf eine attraktive Zukunft hinzusteuern ist dafür eine Grundlage. Vier Fragen sind zentral: Wer bist du? Was brauchst du? Was willst du? Was kannst du?
Aus meiner Sicht, sind dies auch die Fragen, die in der Beruflichen Orientierung maßgeblich zu stellen sind, um junge Menschen auf ihrem Weg zu sich selbst zu unterstützen. Hängt also Glück mit Beruflicher Orientierung zusammen? Aus meiner Sicht auf zwei Arten, einmal im Vorfeld der Berufsentscheidung: Wie treffe ich meine berufliche Entscheidung? Wie kann ich etwas finden, was mir entspricht? Und zum Zweiten im Nachhinein der Berufsentscheidung: Wie kann ich zufrieden mit meiner Entscheidung sein? Und was definiere ich als beruflichen Erfolg?
A - Zum Vorhinein:
In der „Harvard Study of Adult Development“ wurde über 80Jahre lang an ca. 2000 Proband:innen untersucht, was das Glücksempfinden des Menschen positiv beeinflusst. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass es langfristige, stabile Beziehungen sind, die psychisch sowie sozial gesünder, erfolgreicher und glücklicher machen. Darunter können gute Beziehungen zu anderen Menschen als auch eine gute Beziehung zu mir selbst gefasst werden. Um also eine ganzheitliche, bewusste Berufsentscheidung treffen zu können, ist es sinnvoll, mit Menschen zusammenkommen, die sich für mich interessieren und mit denen ich etwas teilen kann. Und sich damit auseinanderzusetzen, was zu mir, zu meiner Vorstellung eines gelungenen Lebens gehört. Wer sich selbst besser kennt, kann besser entscheiden. Wer sein Lebensglück als etwas versteht, das er mitgestalten kann, wird diese Kenntnisse in den Berufswahlprozess mit einbringen und diesen weniger von äußeren Erwartungen und Zwängen verzerren lassen. Die übergreifende Frage ist also: Was macht mich beruflich langfristig und hochgradig glücklich? Wenn sich dieser Frage in der Beruflichen Orientierung achtsam angenähert und ein Sinn- sowie Wirksamkeitsgefühl im beruflichen Handeln gesehen wird, dann kann eine Berufswahlentscheidung an Wertigkeit gewinnen und bewusster getroffen werden. Und worin ich einen Sinn sehe und womit ich mich wohlfühle, macht mich glücklich.
B - Zum Nachhinein:
Wenn ich meinen Beruf gewählt habe, ist die Frage, ob ich in diesem Beruf glücklich bin und glücklich bleiben kann. Ein entscheidender Faktor ist dabei, ob ich einen Sinn in der Ausübung der Tätigkeit empfinde – ob diese zu meinem Wirksamkeits- und Bedeutsamkeitsgefühl beiträgt. Ob ich also eine Arbeit habe, die ich gerne mache, wo ich mich gut fühle und mitgestalten sowie einen Beitrag leiste, auf den ich stolz sein kann. So wird das Messmaß für beruflichen Erfolg nicht von externalen Faktoren wie Geld, sondern vom Empfinden des eigenen Lebensglücks bestimmt.
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Eine bewusste, ganzheitliche Berufsentscheidung und –Ausübung, die diese Sinnhaftigkeit und den Ausdruck der eigenen Person in den Fokus rückt, ist immer eine Entscheidung fürs Lebensglück.
Autorin: Anja Krüger, Mit Dank an Tobias Rohde (Junior-Direktor des Fritz-Schubert-Institutes für Persönlichkeitsentwicklung Heidelberg), der im Austausch zum Thema „Glück und Berufliche Orientierung“ zu diesem Beitrag inspiriert hat.
Weiterführende Links
Kontakt
Zentrum für Lehrkräftebildung und Bildungsforschung der Universität Rostock
Doberaner Straße 115, 18057 Rostock