Bewerbungstraining
Die Sportler:innen unter Ihnen wissen es: Wer regelmäßig trainiert, die Belastung in Umfang und Intensität sukzessive steigert, verbessert seine Leistungsfähigkeit. Im Wettkampf zeigt man dann, was in einem steckt. Auch Bewerbungen kann man trainieren?
Wie das gehen kann, erfahren Sie hier!
Unter der Bezeichnung „Bewerbungstraining“ werden verschiedene Einzelmaßnahmen der Beruflichen Orientierung zusammengefasst, die auf die unterschiedlichen Schritte bzw. Phasen eines Bewerbungsverfahren vorbereiten, bspw. das informierende Telefonat, das Schreiben von E-Mails, das Erstellen von Bewerbungsunterlagen, das Bewerbungsgespräch, die Teilnahme am Assessment-Center. Mitunter werden auch einzelne dieser Maßnahmen als Bewerbungstraining bezeichnet.
In der Verwaltungsvorschrift „Berufliche Orientierung an öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ (2021) heißt es dazu in Kapitel 3.5: „Es wird empfohlen, im Rahmen der beruflichen Orientierung ein Bewerbungstraining in den Vorabgangsklassen durchzuführen. Dieses beinhaltet eine Vorbereitung und eine Nachbereitung und besteht aus der Erstellung von Bewerbungsunterlagen und einem simulierten Bewerbungsgespräch. Hierzu sollen nach Möglichkeit externe Partner hinzugezogen und das Bewerbungstraining mit ausgewählten Elementen in den Abschlussjahrgängen wiederholt werden.“
Mit einem Bewerbungstraining können verschiedene Ziele verfolgt werden:
Zum einen wird mit der Thematisierung von Formalia, Erwartungen und Abläufen von Bewerbungsprozessen das diesbezügliche Wissen der Teilnehmenden erweitert. Zum anderen werden soziale, kommunikative und reflexionsbezogene Fähigkeiten verbessert. Jugendlichen erhalten durch die Selbstwirksamkeitserfahrungen in der inszenierten Als-Ob-Situation einer Trainingssituation mehr Selbstsicherheit und Selbstständigkeit in der realen Lebenswelt. Verantwortung auf Probe fördert die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme bzgl. der eigenen realen Lebenssituation. Der Umgang mit Herausforderungen, Rückschlägen und Ablehnung (Absagen) kann gefördert werden, sofern dies inhaltlich und methodisch aufgegriffen wird.
Insgesamt zielt ein Bewerbungstraining darauf ab, den Erfolg der Teilnehmenden in ihren Bewerbungsverfahren zu erhöhen.
Verschiedene Methoden und pädagogischen Prinzipien werden in Bewerbungstrainings umgesetzt.
Zum Ablauf:
Alle Trainings eint, dass Teilnehmende im Erleben realitätsnaher Bewerbungssituationen die eigenen Kompetenzen handelnd umsetzen und entwickeln. Dadurch werden eigene Vorstellungen, Kompetenzen und Erwartungshaltungen den Erfordernissen der Arbeitswelt bzw. Ausbildungsorten gegenübergestellt und reflektiert. Insgesamt gilt für die unterschiedlichen Bewerbungstrainings, dass vorab eine klare Kommunikation der Erwartungshaltungen erfolgt. Zudem bleibt jedes Bewerbungstraining wirkungslos, wenn es nicht gelingt, in der Analyse, Auswertung und Reflexion Stärken, wahrgenommene Herausforderung und Ressourcen wie auch Entwicklungsbedarfe herauszuarbeiten. Feedbacks durch Beobachtende bzw. Lesende verdeutlichen Stärken und (Präsentations-)Fähigkeiten und schärfen das Selbstbild Teilnehmender. Konkrete Verbesserungsvorschläge wirken in diesem Zusammenhang motivierend. Auf dieser Grundlage können weitere Schritte und Hinweise zur Optimierung des Verhaltens im eigenen Bewerbungsprozess entwickelt werden.
Pädagogische Prinzipien:
Ein Bewerbungstraining ist dann besonders wirkungsvoll, wenn die Als-Ob-Situation so nah wie möglich an der eigenen realen Lebenssituation orientiert ist. Wird bspw. das Schreiben einer Bewerbung trainiert, sollte die Bewerbung sich bspw. auf die reale Praktikumsstelle für das Schulpraktikum beziehen. So braucht es auch keine fiktive Beispielsituation, sondern Teilnehmende bringen sich selbst mit ihren eigenen realen Stärken, Interessen, Ressourcen und Kompetenzen ein. Das setzt voraus, dass sie analysiert und reflexiv in explizites Selbstwissen überführt sind. Eine Potenzial- und Kompetenzanalyse, wie sie bspw. durch „Mission ICH“ umgesetzt wird, stellt also eine Voraussetzung für ein Bewerbungstraining mit intensivem Wirklichkeitsbezug dar.
Methoden bzw. Inhalte:
Auch die Durchführung von Assessments ist möglich. Für den Erwerb von Erfahrungen im Erleben von Bewerbungssituationen bieten sich Rollenspiele sowie simulierte Bewerbungsgespräche an. Das Schreiben einer E-Mail oder die Vorbereitung, das Führen und die Nachbereitung eines Telefonats stellt in einem solchen Handlungszusammenhang eine besondere Lerngelegenheit dar.
Materialien:
Neben Checklisten, Mustern und Vorlagen können auch umfangreiche Rollenspiel-Settings mit Rollenkarten, Verhaltenshinweisen etc. inszeniert und in Varianten (ggf. in Gruppen) durchgeführt werden, um den Teilnehmenden die Komplexität und Individualisierung von Bewerbungs- und Auswahlverfahren zu verdeutlichen.
Wird ein Bewerbungstraining in der Schule angesiedelt, so reicht der Umfang unterrichtlicher Angebote von einzelnen Unterrichtsstunden bzw. -sequenzen in konkreten Fachunterrichten bis hin zu ganzen Projekt- und/oder Thementagen, die von Klassenleiter:innen und Fachlehrkräften gemeinsam gestaltet werden.
Sind die Inhalte auch im Rahmenplan einzelner Fächer explizit hinterlegt, wie z.B. Bewerbung schreiben im Deutsch-, AWT- und/oder Informatikunterricht, so wird es i.d.R. durch die Lehrkräfte selbst im Rahmen ihres Fachunterrichtes angeboten. Lehrkräfte bzw. Schulen können hierfür und insbesondere für darüber hinausgehende Bewerbungstrainings auch auf externe Expert:innen zurückgreifen bzw. mit ihnen zusammenarbeiten. Eine kontinuierliche Kooperation empfiehlt sich.
- Karsten Hammer, Thomas Schenk, Jürgen Ripper: Leitfaden Berufsorientierung: Praxishandbuch zur qualitätszentrierten Berufs- und Studienorientierung an Schulen. 9., aktualisierte Auflage 2019. Bielefeld.
- Doris Thanner: Gesprächskompetenzförderung in Bewerbungsrollenspielen. Konzeption, Implementierung und Evaluation strategiegestützter Trainings diskursiver Fähigkeiten. Dissertation. Regensburg 2021.