Was kennzeichnet Berufswahl und berufliche Entwicklung?
Psycholog:innen, Soziolog:innen und (Berufs-)Pädagog:innen beschäftigen sich schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts mit Fragen wie:
- Wie finden Menschen die für sie passenden Berufe?
- Wie verläuft eigentlich Berufswahl?
- Wann beginnt sie? Wann hört sie auf?
- Durch welche Faktoren wird sie in welcher Form beeinflusst?
- Handelt es sich bei der Berufswahl um einen biografisch einmaligen Vorgang, oder vielmehr um eine Entscheidung, die in der beruflichen Entwicklung immer wieder neu getroffen wird?
- Und wie lässt sich berufliche Entwicklung gut begleiten?
Psychologischer Blick: Entwicklungsaufgabe im Jugendalter
Was sind zentrale Erkenntnisse der Berufswahlforschung?
1. Berufswahl ist ein mehrjähriger Prozess, der in der frühen Kindheit durch das Aufwachsen in einer erwerbs- und berufsförmig organisierten Gesellschaft beginnt.
2. Ein großer Teil der Ein- bzw. Ausgrenzung beruflicher Optionen erfolgt unbewusst. Sozialisation und Erziehung spielen hierbei eine große Rolle.
3. Individuen müssen zwei komplexe Bereiche in den Blick nehmen: Auf der einen Seite geht es darum, sich individuelle Interessen, Wünsche und Fähigkeiten sowie familiär- und milieugeprägte Werte und Erwartungen bewusst zu machen. Auf der anderen Seite gilt es, Gegebenheiten und Anforderungen der Arbeitswelt kennenzulernen bzw. zu kennen. Beide Bereiche müssen dann aufeinander abgestimmt werden: Welche Berufe passen zu mir? Welche Bildungs- und Berufswege sind möglich? Welche traue ich mir zu? usw.
4. Wissenschaftlicher:innen sprechen von beruflicher Entwicklung und beruflicher Laufbahn, um zu verdeutlichen, dass Berufswahl kein einmaliges Ereignis, sondern ein lebensbegleitender Prozess ist, der erst mit dem Eintritt in den Ruhestand endet.
5. Berufswahlen lassen sich als nicht-lineare, d.h. zirkuläre Suchbewegung beschreiben: Optionen entwickeln, in Betracht ziehen, abwägen, wählen bzw. abwählen und aufgrund von Erfahrungen Optionen neu ausloten, …
6. Berufswahl ist ein höchst komplexer Prozess. Es gibt eine Vielzahl an endogenen (d.h. in der Person liegenden) und exogenen (in der Gesellschaft/im Umfeld liegenden) Faktoren, die die Berufswahl beeinflussen.
7. Berufswahl ist individuell: Jedes Individuum ist Gestalter:in des eigenen Lebensweges: Lebensentwürfe, die Bewertung von Erfahrungen in der Arbeits- und Berufswelt und auch Wege der Auseinandersetzung sind höchst individuell, so dass auch hier gilt: Jede:r steht an einem anderen Punkt. Die Begleitung von Berufswahlprozessen muss sich hierauf einstellen.